Die US-Immigration, Bismarck, und ich

Bismarck: Initiator der weltweit ersten allumfassenden Sozialgesetzgebung

Schon ziemlich lange her. Beruflich unterwegs: New York, John F. Kennedy Airport. In der Schlange vor den Immigration-Schaltern. Mit dem üblichen leicht flauen Gefühl im Magen. Zumal hinter den Schaltern die große Glaskabine in Sicht kommt, in der schon etliche, meist nicht ganz weißhäutige Delinquenten sitzen, die wegen irgendwelcher Zweifel der Immigration-Officers auf eine weitergehende Untersuchung warten.
Langsam rücke ich vor, den Pass und die ausgefüllte Einreiseerklärung in der Hand. Dann bin ich dran. Der Immigration-Officer in seinem Glaskäfig – ein rundlicher Mann, gutes Stück älter als ich, Mitte bis Ende Fünfzig, schätze ich – prüft meinen Pass, blättert, blättert zurück. Fragt aufschauend: Sind Sie Arzt?  
Anscheinend genießen Ärzte bei ihm besondere Wertschätzung … Nein, bin ich nicht. Nur Naturwissenschaftler, antworte ich.
Er blitzt mich an: Seien Sie froh! Ärzte sind Halsabschneider. Jedenfalls bei uns. Kommst du halbtot ins Krankenhaus, rühren sie keine Hand bevor du nicht bezahlst. Und zwar Wuchersummen.
Es war noch vor Obama und „Obamacare“- die meisten Amerikaner hatten keine Krankenversicherung. Damals hatte ich Ähnliches schon selbst erfahren: Als ich mal für ein Monat drüben war und mir genau in der Zeit den Gips von meinem gebrochenen Arm abnehmen lassen musste, inklusive Röntgen. Erst musste ich ordentlich Bucks auf den Tisch legen: 300 Dollar hatte ich dabei, wegen des ausstehenden Rests von 50 Dollar musste ich minutiös Adresse und Telefonnummer angeben. Und zwar auch von meinem Arbeitgeber. Dann erst kam der Arzt …
Und nun sagte der Officer etwas, was mich verblüffte: Wir hatten eben keinen Bismarck. Ihr in Deutschland habt es gut.
Hätte ich nicht erwartet, von so einem einfachen Kontrollbeamten. Wo es selbst in Deutschland den Wenigsten bewusst ist: 1883 führte Bismarck die allgemeine Krankenversicherung ein, die Linken werden es ungern hören: mit kräftiger Unterstützung des Kaisers. 1884 dann die Unfallversicherung. 1889 die Alters- und Invalidenversicherung. Es war die fortschrittlichste, umfassendste Sozialversicherung weltweit. Weit über ein Jahrhundert vor „Obamacare“. Welche an die Bismarck-Sozialgesetze nicht heran reicht.
Linke werden sicher einwenden: „Bismarck wollte damit nur die Sozialisten und die SPD schwächen.“ Klar, auch das war ein Grund. Aber andere „schwächten“ mit Gewehren: In den USA wurden damals streikende Arbeiter erschossen (Haymarket Riot 1886). Und Bismarck und der Kaiser handelten auch aus sozialer Verantwortung, in der Tradition von Friedrich der Große, der für die Nöte der Bevölkerung offene Augen und Ohren hatte.

„Deutschland du mieses Stück Scheiße“ oder „Deutschland verrecke“ skandieren heute linke Demonstranten. Und die Bundestags-Vizepräsidentin und Ober-Grüne Claudia Roth marschiert mit (Hannover Nov. 2015). Welche Blindheit für die Geschichte, welche Blindheit, Deutschland nur auf die 12 Nazi-Jahre zu reduzieren …

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