„Ich wollte es wäre Nacht und die Preussen kämen“: Schlacht von Waterloo noch dramatischer als bisher bekannt

Schlacht bei Waterloo

1812: Napoleon, das Kriegsgenie, auf dem Gipfel seiner Macht: Europa unterworfen von Spanien über Italien, Deutschland, Österreich, Belgien, Holland bis an die Grenze Russlands. Er selbst, der einst unter der Revolutionslosung „Liberté, Égalité, Fraternité“ zum Idol freiheits- und gleichheitsdürstender Europäer wurde, hat sich selbst zum Kaiser aufgeschwungen, hat für seine Familie eine erbliche Dynastie begründet und seine Angehörigen zu Regenten besetzter Länder gemacht – gegen das antimonarchische Gleichheits- und Freiheitscredo der Revolution.

Nun will er Russland erobern: die Einnahme Moskaus aber beschert ihm nur eine verbrannte Stadt und den vernichtenden Rückzug der Grand Armée durch russische Eiswüsten unter ständigen Kosaken- und Partisanenüberfällen – nur ein kleiner Rest der Armee kehrt zurück. Für Napoleon nicht die ganz große Katatrophe: Die meisten seiner Soldaten sind Gepresste aus den besetzten Ländern, er kann schnell eine neue Armee aufstellen – im Oktober 1813 tritt sie an zur Völkerschlacht bei Leipzig, die Entscheidungsschlacht der deutschen Befreiungskriege und bis dahin größte Schlacht der Weltgeschichte: 600 000 Beteiligte, 92 000 davon gefallen oder verwundet: Napoleon wird geschlagen und nach Elba verbannt.

Von wo er im März 1815 zurückkehrt, blitzartig eine neue Riesenarmee aufstellt und wieder antritt: am 18. Juni bei Waterloo südlich Brüssel. Gegen eine Koalition aus Briten unter General Wellington und Preussen unter Feldmarschall Blücher. Wobei die Preussen schon im Anmarsch schwer angegriffen und abgedrängt werden, so dass die Briten dem übermächtigen Hauptstoß Napoleons zunächst allein ausgesetzt sind.
Und im Toben der Schlacht schwer in die Defensive geraten. Wie nah Napoleon einem Sieg war, zeigen nun neue archäologische Funde auf dem damaligen Schlachtfeld: französische Kanonen- und Gewehrkugeln hinter der britischen Frontlinie, die den Hauptkräften der Briten schwerste Verluste zufügten. Dies belegen auch die vielen gefundenen Knochenfragmente, besonders um ein britisches Feldlazarett. Wellingtons Heer schmilzt bis fast auf die Hälfte zusammen, den Franzosen gelingt der Durchbruch zu einer strategisch wichtigen Höhenstellung, von wo sie nun mit ihren von Pferden gezogenen Kanonen und mit Scharfschützen die Briten noch härter attackieren können – ein Durchbruch durch die britische Front scheint jederzeit möglich. Wellingtons muss den berühmten Stoßseufzer „Ich wollte es wäre Nacht und die Preussen kämen“ in dieser Situation getan haben.

Und in der Tat, die Preussen erreichen Einheit um Einheit das Schlachtfeld, greifen abends mit 45 000 Mann an, drücken Napoleons rechte Flanke ein, wenden, zusammen mit der heroischen Abwehr der Briten, die nahe Niederlage in den historischen Sieg von Waterloo, ein Markstein der Geschichte. Errungen unter entsetzlichen Opfern auf beiden Seiten besiegelt er endgültig Napoleons Sturz und die Befreiung der unterworfenen Völker. Leider aber nicht die Befreiung der Deutschen vom Schicksal rechtloser Untertanen unter der Herrschaft von Monarchen und Fürsten. Das sollte noch lange dauern …

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